Jörg Schmidthaus, Gründer und Geschäftsführer von SH-Tronics
Warum Lötrauchabsaugung mehr Aufmerksamkeit verdient – und wie sich mit der richtigen Filterstrategie Kosten senken lassen
Lötrauch, Klebedämpfe usw. sind in der Elektronikfertigung eine unsichtbare, aber reale Gefahr. Mobile Absaugsysteme schaffen Abhilfe – wenn sie funktionieren und eingeschaltet werden. Entscheidend dafür: die regelmäßige Wartung der Filter, und die muss nicht teuer sein.
Denn es gibt hochwertige Alternativen, die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit verbinden.
Dort, wo noch von Hand gelötet, geklebt oder beschichtet wird, entstehen zwangsläufig Dämpfe – ein Gemisch aus Feinstaub, gasförmigen Substanzen, Partikeln und Rückständen. Die wenigsten davon sind mit bloßem Auge zu erkennen. Auch der Geruch täuscht: Obwohl man etwas nicht riecht, kann es dennoch schädlich sein.

noch unterschätzt. © Volker Neumann
Lötrauch und andere Dämpfe werden deshalb oft unterschätzt. Viele Beschäftigte – und auch manche Unternehmer – gehen davon aus, dass ein bisschen Rauch schon nicht gefährlich sein wird und schalten die Absaugung bei kurzen Nutzungszeiten gar nicht erst an. Tatsächlich aber gilt: Schon bei relativ kurzen Expositionszeiten kann es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen – besonders, wenn diese sich über einen längeren Zeitraum summieren. Nur 20 Minuten am Tag ergeben übers Jahr insgesamt mehr als neun volle Arbeitstage ungeschützte Nutzung.
Arbeitsschutz ist Pflicht, keine Kür
Die rechtlichen Anforderungen an den Gesundheitsschutz in der Elektronikfertigung sind klar definiert: Nach Arbeitsstättenverordnung, Gefahrstoffverordnung und den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (zum Beispiel TRGS 528) müssen Gefahrstoffe möglichst direkt an ihrer Entstehungsstelle abgesaugt werden. Auch die Berufsgenossenschaften fordern entsprechende Schutzmaßnahmen.
In der Praxis werden diese Vorgaben mal mehr, mal weniger konsequent umgesetzt. Wer sie ignoriert, riskiert neben Sanktionen auch dauerhafte Gesundheitsschäden bei den Beschäftigten – etwa durch Atemwegserkrankungen oder allergische Reaktionen. Studien zeigen: Bis zu 20 Prozent der Mitarbeitenden im Lötbereich weisen klinisch relevante Symptome auf.

Dauer zu ernsthaften Gesundheitsschäden führen. © Pixabay
Absaugsysteme – nur so gut wie ihre Filter
Viele Unternehmen investieren in leistungsstarke mobile Absauganlagen mit Mehrstufen-Filtersystemen. Typisch sind Kombinationen aus Vorfilter, Aktivkohlefilter und Partikelfilter (zum Beispiel HEPA H13 oder H14). Das funktioniert sehr gut und sicher – solange die Filter regelmäßig überprüft und gewechselt werden.
Denn selbst das hochwertigste Gerät verliert seine Wirkung, wenn die Filter verstopft oder gesättigt sind. Der Abscheidegrad sinkt, die Strömung lässt nach – und Schadstoffe verbleiben in der Luft. In der Folge entsteht ein trügerisches Gefühl von Sicherheit, das gefährlicher sein kann als der bewusste Verzicht auf Schutzmaßnahmen.

Blick erkennbar und zeigt deutlich dessen Bedeutung. © Volker Neumann
Wartung: Keine festen Fristen – aber klare Verantwortung
Gesetzlich vorgeschriebene Wechselintervalle gibt es für die Filter in Absauganlagen bislang nicht. Aber die Betreiberpflicht ist eindeutig: Die Anlage muss wirksam arbeiten und das dauerhaft. Hersteller empfehlen meist einen Filterwechsel nach sechs bis zwölf Monaten, abhängig vom Einsatz. Moderne Geräte verfügen über Drucksensoren oder Sättigungsanzeigen, die Hinweise geben, doch auch diese sollten nicht als alleinige Kontrolle verstanden werden.
Entscheidend ist ein Wartungskonzept, das zur tatsächlichen Nutzung passt. Dazu gehört auch die Schulung der Mitarbeitenden, etwa im Erkennen nachlassender Absaugleistung oder beim Umgang mit Filteranzeigen. Denn der beste Plan nutzt nichts, wenn er im Alltag übersehen beziehungsweise nicht umgesetzt wird.
Kostenfaktor Filter – und die Frage nach Alternativen
Die regelmäßige Wartung verursacht laufende Kosten – insbesondere dann, wenn ausschließlich Originalfilter der Gerätehersteller verwendet werden. Je nach Modell können diese mehrere hundert Euro pro Satz kosten. Wer mehrere Arbeitsplätze ausgestattet hat, merkt das deutlich in der Betriebskostenrechnung.
Doch es gibt hochwertige Alternativen. Der Markt für kompatible Filter ist gewachsen – und viele dieser Produkte erfüllen die gleichen Anforderungen wie die Originale. Voraussetzung ist, dass man auf Qualität achtet: Filterklasse, Passgenauigkeit, Zertifikate und geprüfte Materialien sind entscheidend. Preisvorteile von 30 bis 50 Prozent sind möglich – ohne Einbußen bei der Filterwirkung.

Blick erkennbar und zeigt deutlich dessen Bedeutung. © Volker Neumann
Auswahlkriterien für Ersatzfilter
Wer Filter von Drittanbietern nutzen möchte, sollte systematisch vorgehen. Folgende Punkte sind wichtig:
• Filterklasse: HEPA H13 oder H14, F9-Vorfilter, Aktivkohle in ausreichender Qualität
• Kompatibilität: Der Filter muss exakt ins Gerät passen, um Dichtheit und Funktion zu gewährleisten
• Zertifizierung: Nachweise nach EN 1822 oder vergleichbaren Normen sind ein Muss
• Anbieterqualität: Keine anonymen beziehungsweise unbekannten Quellen, sondern etablierte Anbieter mit Erfahrung in Absaugtechnik
Ein direkter Vergleich lohnt sich also – nicht nur beim Preis, sondern auch in puncto Lieferfähigkeit, Verfügbarkeit und Kundenservice.
Zusatznutzen: Bessere Luft – weniger Infektionen
Hochwertige Absauganlagen mit HEPA-Filtern – etwa der Klassen H13 oder H14 nach EN 1822 – filtern nicht nur Lötrauchpartikel, sondern auch luftgetragene Mikroorganismen. Dazu gehören Bakterien und virentragende Aerosole. Während Viren selbst oft nur etwa 0,1 µm groß sind, treten sie in der Raumluft fast immer in Verbindung mit Tröpfchen oder Aerosolpartikeln auf – diese liegen meist im Bereich von 0,5 bis 10 µm. Genau dort arbeiten HEPA-Filter am effizientesten:
• HEPA H13-Filter entfernen 99,95 % dieser Partikel,
• HEPA H14-Filter erreichen sogar 99,995%.
Das bedeutet: Gut gewartete Absaugsysteme tragen nicht nur zum Arbeitsschutz bei, sondern können auch helfen, Infektionsrisiken im Betrieb zu senken – ein Zusatznutzen, der gerade in der Erkältungs-, Grippe- und Coronasaison an Bedeutung gewinnt. In dieser Zeit kann es also lohnen, die Filteranlagen einfach mal laufen zu lassen, obwohl gar nicht gelötet wird.
Der Autor
Jörg Schmidthaus ist Gründer und Geschäftsführer von SH-Tronics (www.sh-tronics.de), einem Systemlieferanten für C-Teile in der Elektronikfertigung. Er ist seit 30 Jahren in der Branche tätig und verfügt über fundiertes Wissen insbesondere im Bereich des Handlötens. SH Tronics bietet seinen Kunden maßgeschneiderte und wirtschaftlich effiziente Lösungen an.
