Manuel Rüter, Leiter Standardisierung & Konsortien im Bereich Industrie & Technologie bei TE Connectivity
Innerhalb von Industrie 4.0 werden Teilprozesse immer tiefer integriert und der Zugriff auf Daten verbessert, um Abläufe zu optimieren. Die Kommunikation in der Infrastruktur spielt eine entscheidende Rolle, vor allem kommt es auf eine nahtlose Integration und Interoperabilität an.
Aktuell werden industrielle Kommunikationsnetzwerke immer komplexer und die Anzahl der Geräte in dezentralen Netzwerken nimmt zu. Getrieben durch das industrielle Internet of Things (IIoT) und die Maschine-zu-Maschine- (M2M-) Kommunikation geht der Trend in der Industrie 4.0 immer mehr hin zu dezentralen Lösungen. Kabelgebundene Verbindungslösungen und Wireless-Geräte ermöglichen hier neue Anwendungen und Funktionen. Modularität, Beweglichkeit und Mobilität sind derzeit die wichtigsten Schlüsselbegriffe in der produzierenden Industrie.
Ein erkennbarer Trend ist die Datenverarbeitung und -Übertragung von und zu jedem Gerät (Cloud/Edge Computing). Zukünftig werden dezentrale Systeme – basierend auf Clustern oder Subsystemen – die Echtzeitkommunikation übernehmen. Die zunehmenden Interaktionen zwischen diesen Subsystemen führt zu einer Verschmelzung von IT (Information Technology) und OT (Operation Technology).
Eine zuverlässige Konnektivität und eine gute Datendurchgängigkeit vom Sensor bis zur Cloud ist heute wichtiger denn je. Technologische Neuerungen, wie Single Pair Ethernet (SPE), 5G und Schnittstellen auf Leiterplattenebene, gewinnen immer mehr an Bedeutung, um Interaktionen zwischen Subsystemen besser zu unterstützen.
Der RJ45 ist nicht mehr die erste Wahl
Viele der aktuell genutzten Bussysteme übertragen Signale nur mit Verzögerung und bieten deshalb keine Möglichkeiten für Echtzeit-Entscheidungen. Feldgeräte wie Sensoren und Aktoren können oft nicht direkt mit anderen Netzwerk-Teilnehmern kommunizieren, da analoge Technologien und Feldbusse nicht dieselbe „Sprache sprechen“ wie das (High-Speed-) Ethernet. Üblicherweise kommen dann Gateways zum Einsatz, jedoch ist dies aufgrund zusätzlicher Installationen und Kosten eine suboptimale Lösung. Deshalb ist ein Umdenken und die Anwendung neuer Technologien notwendig, die diese Probleme umgehen.
Der RJ45-Stecker ist heute die am häufigsten verwendete Verbindung für die Datenkommunikation und gilt als Standard-Kommunikationsschnittstelle für industrielle Anwendungen. Während in der Vergangenheit ein Standard-RJ45-Anschluss ausreichend war, kommen RJ45-Schnittstellen als Anschlussstandard heute aufgrund gestiegener Anforderungen an die industrielle Kommunikation an ihre Grenzen.
Auch die üblichen 2- bzw. 4-Paar-Ethernetkabel gelten heute als unhandlich, wenn es darum geht, die Ethernet-basierte Kommunikation bis in die letzte Ecke der Produktion zu bringen, ggf. bis zum Greifer am Roboter und zum Werkzeug. Zugleich steigt der Bedarf an staub- und wasserbeständigen Anschlusslösungen in Schutzart IP67, die für raue industrielle Umgebungsbedingungen geeignet sind. Dies bedeutet nicht, dass Standard-Schnittstellen wie der M12-D oder M12-X kodiert und der RJ45 vollumfänglich ersetzt werden. Die verschiedenen Steckverbindertechnologien ergänzen sich mehr, als dass sie sich ersetzen.
Neue Verbindungslösungen verbreiten sich immer mehr
Weitaus größere Möglichkeiten lassen sich erschließen, wenn kleine, robuste und leistungsstarke Steckverbindungen, die weniger Material benötigen, genutzt werden, um Produktionsumgebungen zu optimieren. Kommunikationsmodule mit hoher Datenrate werden immer kleiner, und es wird erwartet, dass sie sich leicht in Maschinen integrieren lassen. Für solche Anwendungen eignen sich beispielsweise die Mini I/O- und SPE-Steckverbinder von TE Connectivity (TE) hervorragend.
Als ein bedeutender Durchbruch bei der Verbesserung der M2M-Kommunikation und der Bereitstellung einer größeren Interoperabilität gilt derzeit auch das hybride Single Pair Ethernet und der Wechsel von Standard-Gigabit-Ethernet und Feldbussystemen auf SPE. TE war von Anfang an einer der Innovationstreiber im SPE Industrial Partner Network und im Rahmen der Gremienarbeit aktiv an der Standardisierung beteiligt. Der SPE-Standard ermöglicht eine nahezu barrierefreie Kommunikation der Feldgeräte durch alle Ebenen der Automation und Kommunikation.
SPE schließt die Kommunikationslücke auf der Ebene der Feldgeräte und macht die M2M-Kommunikation transparenter. Es handelt sich um eine Verbindungslösung zur gleichzeitigen Übertragung von Energie und Daten – eine gute Basis, um das IIoT voranzubringen. Hybride SPE-Technologien ermöglichen einen vorausschauenden, zukunftsorientierten Ansatz, reduzieren den Verkabelungsaufwand und sparen wertvolle Unternehmensressourcen.
SPE-Ökosystem wächst immer mehr
Geschirmte M8-Hybrid-Steckverbinder und Hybrid-Kabel von TE ermöglichen eine Datenübertragung bis 1 Gbit/s und Leistungen bis 400 W. TE bietet innerhalb seines SPE-Ökosystems auch aktive und passive Netzwerkkomponenten wie Splitter und Switche, um eine flexible Erweiterung der Netzwerkinfrastruktur durch das Hinzufügen von Netzwerkkomponenten zu unterstützen, beispielsweise für Multidrop-Topologien mit bis zu 8 Netzwerkteilnehmern in Entfernungen bis 25 m.
Die aktiven SPE-Netzwerk-Komponenten von TE unterstützen sowohl die M8- als auch die neuen M12-Steckverbindungen. Ein M12-Stecker kann dank seiner größeren Maße eine höhere Spannung und einen höheren Strom als ein M8-Stecker übertragen. TE bietet M12-Hybrid-Steckverbinder gemäß IEC 63171-7 für Anwendungen mit High-Speed-Datenraten bis 1 Gbit/s (600 MHz) und Leistungsklassen bis 9,6 kW, 16 A und 600 V. Damit lassen sich nun auch leistungsstärkere Geräte mit SPE-Konnektivität betreiben.
Ingenieure können mit den M8- und M12-SPE-Lösungen von TE eine M2M-Kommunikation nahezu ohne Datenverlust realisieren, Rechenleistung dezentralisieren und Daten effizienter und transparenter bis an die Edge übertragen. Die lange geforderte Durchgängigkeit von den Feldgeräten zur Cloud wird nun Realität. Hinzu kommt, dass die weite Verbreitung von M8- und M12-Anschlüssen in der Industrie eine einfache und schnelle Integration der neuen SPE-Verbindungen im identischen Format ermöglicht.
Fazit
SPE ist ein weiterer Schritt, um die Potenziale von Industrie 4.0 noch besser auszuschöpfen. Die schlanke, leichte und zugleich leistungsstarke SPE-Vernetzungslösung bietet Unternehmen die Möglichkeit zur Digitalisierung auf Feldebene. Die Spezialisten bei TE konzentrieren sich darauf, eine breite Palette von Hybridtechnologien für die komplette Automatisierung und Steuerung auf den Markt zu bringen, einschließlich möglicher Anwendungen mit den Formfaktoren M17, M23 und sogar M40. Zugleich arbeitet TE an intelligenten Steckverbindungen mit zusätzlichen Funktionen, um Ingenieure, Hersteller sowie Fulfillment- und Distributionszentren bei der Erreichung ihrer Digitalisierungs- und Automatisierungsziele zu unterstützen.